Auf Cthulhus Spur

Gepflegtes Rollenspiel rund um den kriechenden Wahnsinn

ソホ (Soho)- Soho

Ich werde durch ein penetrantes Klopfen an meiner Zimmertür geweckt. Mare besteht auf ein gemeinsames Frühstück. Es ist erst 9:00, deutlich vor meiner Zeit. Schweigend sitze ich mit meinen Freunden zusammen am Frühstückstisch und lausche halb wach den Ausführungen des Lords, der von seinem nächtlichen Ausflug in die Traumlande berichtet. Er hat den Roten Magier getroffen und konnte im Tausch gegen das Ältere Zeichen, das er mit sich führte, die Namen von fünf Zaubern, die mit den Hunden von Tindalos in Verbindung stehen, in Erfahrung bringen.

Mare möchte heute einen Ausflug nach Soho machen. Sie hofft, dort einen Laden für Okkultismus-Zubehör zu finden. Das trifft sich ganz gut, denn auch ich gedenke heute in Soho das Import-Geschäft von Herrn Satō aufzusuchen. Er ist auf Waren aus Japan spezialisiert. Bei meinem gestrigen Gespräch mit Mr. Watson hatte der Architekt und Bauunternehmer mir mitgeteilt, dass ich etwa mit sechs Wochen rechnen müsse, bis die Reparaturen vollständig abgeschlossen sind. So lange wird es in etwa auch dauern, bis die Möbel aus Japan geliefert werden können.

Wir besuchen zuerst Herrn Satōs Geschäft. Ich ordere 20 Tatami der Marke 柔軟地 (Jūmanchi = Federnder Boden) für das Dōjō, Halterungen für Trainingswaffen, Bodenbeläge und Möbel für die Schlaf- und das Arbeitszimmer, Küchenausstattung, im Prinzip ein komplett neuer Hausrat. Nach einer halben Stunde ist die Bestellung fertig und Herr Satō legt mir einen Kauf- und Importvertrag zur Unterzeichnung vor und ich leiste eine Anzahlung von 30 Pfund. Bei Lieferung, erklärt Herr Satō, wird die zweite Hälfte fällig.

Ich mache mich nun mit Mare zusammen auf die Suche nach einem Okkultismus-Laden. Tatsächlich stoßen wir schon nach kurzer Zeit auf ein Geschäft, dass in seinen Auslagen neben Tarotkarten und verschiedenen Kräutern und Harzen auch zwei Terrarien zeigt. Eines enthält Schlangen, das zweite Spinnen.

Wir sind nicht die einzigen Kunden. Die Inhaberin des Geschäftes, eine ältere Dame mit wirrem Haar, bedient gerade zwei andere Leute: einen Mann in einem dunklen Mantel mit hochgeschlagenem Kragen und eine Frau mit auffällig langem roten Haar. Die Frau hat eine Korbtasche bei sich. Beide haben uns den Rücken zugewandt.
“Einen Augenblick noch, ich bin gleich bei Ihnen”, ruft uns die Inhaberin zu, als sie unserer gewahr wird. Mare betrachtet interessiert die Auslagen. Nach einer Weile nimmt die Ladenbesitzerin die Korbtasche der Frau, geht zu einem der Terrarien und hebt zwei sich ineinander windende gelbe Schlangenleiber aus dem Glaskäfig in diese hinein. Etwas Geld wechselt über den Ladentisch und die beiden wenden sich zum Gehen. Mir stockt der Atem, als ich hinter dem Kragen des Mannes das Gesicht meines Shinyū erkenne. Die Frau an seiner Seite habe ich auch schon einmal gesehen. Es ist die gleiche Frau, die Mycroft bei unserem Besuch in diesem seltsamen Nachtclub in Paris so sehr in Bedrängnis gebracht hatte, dass er mit mir die Flucht ergriff. Irritiert sehe ich den beiden nach. Ich habe ein sehr schlechtes Gefühl bei der Sache. Es wird enger für meinen Freund.

Mare ist derweil mit der Geschäftsinhaberin ins Gespräch gekommen. Sie fragt nach Myrre und Weihrauch und nach weiteren Möglichkeiten, unerwünschte Geister zu vertreiben. Die Händlerin rät zu einem Spinnenopfer, was Mare aber für wenig sinnvoll hält. Die beiden verfallen in Fachgespräche, denen ich schon nach einer kurzen Weile nicht mehr folgen kann. Zum Schluss fragt Mare noch nach einem Schicksalskompass. Ich weiß nicht, was das ist, aber die Händlerin schon. Sie fragt, in welcher Ausführung Mare diesen gerne hätte. Mare entscheidet sich für die klassische Variante aus Messing.
“Soll ich es als Geschenk einpacken?”, fragt die Händlerin.
“Nicht nötig”, erwidert Mare, doch ich erinnere mich, dass ich vor ein paar Tagen selbst ein Geschenk erhalten habe, das ich bisher noch gar nicht ausgepackt habe. Als wir wenig später in einem Nudelrestaurant sitzen, in das ich mir erlauben, Mare einzuladen, hole ich das Päckchen von Inspektor Abberline aus meiner Tasche und entfalte das Papier. Es enthält eine sehr schöne, alte Yjing-Münze.

Am Nachmittag nehme ich an der Gruppentherapiestunde von Dr. Nidelven teil. Ich bin Mycrofts Rat gefolgt und habe bereits gestern ihre Sitzung besucht. Es hatte mir tatsächlich geholfen und auch heute wird mir wieder viel über mich klar. Nach der Sitzung trainiere ich noch etwas, heute zusammen mit Mare. Mycroft hat sich schon nach dem Frühstück zurückgezogen, um das Buch Tsathoggua weiter zu studieren.